Kirche-Hamburg: Das wichtigste Fest der Christen – Ostern – können wir dieses Jahr nicht gemeinsam im Gottesdienst feiern. Wie geht es Ihnen damit?
Astrid Kleist: Das ist ganz bitter und schmerzlich! Ausgerechnet dieses Fest können wir nicht miteinander feiern. Und den Grund dafür, den Virus, sehen wir ja nicht wirklich. Dennoch müssen wir vernünftig sein. Mich lässt es die biblischen Texte nochmals ganz anders hören: Auch für die Jünger war es damals gefährlich, sich draußen zu bewegen. Außer den drei Frauen, blieben sie darum zu Hause. Die Leere des Grabes dann machte ihnen Angst. Ostern erzählt davon, wie der Stein vor dem Grab zur Seite gerollt wurde. So feiern wir gerade dieses Jahr zu Ostern, dass Gott auch uns die Steine, die auf unseren Herzen liegen, wegrollen kann. Wir dürfen damit rechnen, dass sich die Osterfreude Bahn brechen wird, auch wenn wir nicht so feiern wie sonst.
Wie können Kirchengemeinden Ostern trotz Veranstaltungsverbot Raum geben?
Da ist schon unglaublich viel Kreativität geweckt worden. Zahlreiche Kirchengemeinden lassen ihre Gemeindemitglieder und die Menschen im Stadtteil wissen, dass wir weiterhin miteinander verbunden sind. Das passiert über digitale Gottesdienste, Videobotschaften, Telefonate oder man bringt sich kleine Osterbotschaften wie Blumen oder Kerzen – im gebotenen Abstand natürlich – vorbei.
Und die Menschen Zuhause?
Ich empfehle, Zuhause wieder die alten Osterbräuche und Rituale neu für sich zu entdecken. Ostereier auspusten, färben und anmalen oder sich einen Osterstrauß schmücken – da steckt so viel Freude drin. Oder man gestaltet eine Osterkerze selbst und gibt ihr fortan einen Ehrenplatz für schöne Momente und auch schwere. Denn dieses Ostern werden wir alle nie vergessen! Vielleicht bäckt man auch ein einfaches Brot zusammen, teilt es miteinander oder legt es jemandem vor die Tür. Auf diese Weise zeigen wir, dass wir nach wie vor zu dem einen Leib Christi gehören.
Was bedeutet Ihnen die Osterbotschaft in der aktuellen Lage?
Ostern fällt nicht aus! Gerade in diesem Jahr werden wir vielleicht besonders intensiv fühlen, was die Botschaft ist: Liebe ist stärker als der Tod. Das Leben ist stärker als das, was uns fürchten und erschrecken kann. Und es gibt eine Gemeinschaft, die uns hält, auch wenn wir sie gerade nicht sehen. Ich trage in dieser Zeit viele Menschen im Herzen: einsame und pflegebedürftige Menschen, Familien, die unter der Enge des Zusammenseins leiden, oder Frauen und Kinder, die sich bedroht fühlen. Mit meinen Gedanken und Gebeten bin ich in besonderer Weise auch bei den Menschen außerhalb Deutschlands. Ostern ist ja das Fest der weltweiten Christenheit und unser Gott einer, der alle im Blick hat.
Und wie werden Sie nächste Woche Ostern feiern?
Mein Begleiter durch die heilige Woche von Palmsonntag bis Ostern wird ein kleines Vademecum mit Texten, Gebeten und geistlichen Impulsen sein. Und ich habe mir fest vorgenommen, dass ich am Ostermorgen wie gewohnt eine Stunde vor Sonnenaufgang aufstehen und einen Spaziergang nach St. Jacobi machen werde. Dort werde ich bei Sonnenaufgang unsere Osterkerze entzünden, beten und singen – und die Menschen einschließen, die wie ich dort gern gemeinsam Ostern gefeiert hätten.